Vortragsabend 4. 11.

 

3. Vortragsabend des HKV: Hohe Flüge, Exoplaneten – und Rückenprobleme

Von persönlichen Eindrücken geprägt war der Vortrag von Dr. Inge Thiering über einen Mitflug im Stratosphären-Observatorium „SOFIA“, das gemeinsam von der NASA und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) betrieben wird. Sie berichtete vor ca. 30 Zuhörern vergangene Woche im BürgerForum Gaiberg. Anschließend klärte Dr. Peter Klehr darüber auf, dass Rückenprobleme vielfältige Ursachen haben können – und sie sich eventuell auch gar nicht ermitteln lassen.


SOFIA steht für „Stratospheric Observatory For Infrared Astronomy“, und das erklärt auch, warum das Flugzeug, ein umgebauter Jumbo-Jet, so hoch fliegen muss: Die Infrarotstrahlung, die man damit auffangen will, wird von den tieferen Schichten der Atmosphäre absorbiert. Andererseits enthält sie Informationen beispielsweise über die chemische Zusammensetzung von interstellaren Wolken oder Atmosphären von Planeten anderer Sonnensysteme (Exoplaneten), die man im normalen – kürzerwelligen – Licht nicht finden kann. 


Die studierte Astrophysikerin Thiering, die jetzt als Gymnasiallehrerin in Neckargemünd arbeitet, erläuterte die engen Rahmenbedingungen, unter denen derartige Flüge in die Stratosphäre bis in Höhen von 14 Kilometern durchgeführt werden. So bringe diese Flughöhe das Flugzeug, das keinerlei Komfort aufweise und auf die nackte Technik und Experimentalausstattung mit dem Infrarot-Teleskop „abgemagert“ sei, an die Grenzen seiner Leistung. 

Dies hätte man gemerkt, als sich ein Wissenschaftler noch etwas mehr Höhe wünschte und dies von dem „Mission Director“ genehmigt wurde. Selbiger Direktor war übrigens eine besonnenen, dennoch entschlossenen Frau, die Tags zuvor gnadenlos einen Start wegen einer Funktionswarnung mit wohl eher untergeordneter Bedeutung untersagt hatte. Inge Thiering jedenfalls brachte ihr volle Bewunderung entgegen – und diese Chefin genehmigte dann einen besonders hohen Flug. Da die vier zu dem Flug eingeladenen Lehrer – die Gesamtbesatzung betrug dann mit Flugpersonal und Wissenschaftlern 20 Menschen – die gesamte Kommunikation über ihre Kopfhörer mithören konnten, war es für die Neckargemünder Gymnasiallehrerin nicht gerade beruhigend mitzuhören, als ein Pilot den anderen fragte, ob er schon mal so hoch geflogen sei, nämlich in den „Sargdeckel“. Wie Thiering nach dem Flug erfuhr, nannte man so den sich verengenden Bereich des Flugfähigkeits-Diagramms zwischen Höhe, Geschwindigkeit und drohendem Strömungsabriss. Nun, das Flugzeug habe merklich gezittert… 


Ansonsten hätte alles minutiös geplant werden müssen, da das Teleskop ja hochkonstant ausgerichtet werden musste, bei allen kleinen Bewegungen des Flugzeugs. Thiering verdeutlichte: Es musste so still stehen, als wenn man mit einem Laserpointer einen Cent auf dem Mond beleuchten wollte. Daher waren auch spezielle Sicherheitsleute an Bord: Umfliegen etwa von Flugverbots-Zonen war nicht möglich; es war also reichlich Kommunikation notwendig; man wollte ja nicht aus Versehenauf die Abwehrliste der Militärs kommen. 

Nun, offenbar lohnt sich die Mühe. Wie Thiering erläuterte, lassen sich mit den Daten des Infrarot-Teleskops, das anders als ähnliche in Satelliten eine lange Funktionszeit hat, da die notwendige Kühlung bei Satelliten-basierten IR-Teleskopen zeitlich begrenzt ist, u. a. chemische Zusammensetzungen interstellarer Wolken analysieren. Nicht nur das: Es ist auch möglich, über die Daten von Atmosphären von Exoplaneten auf ihre Eignung für Leben zu schließen. Von solchen Planeten, die um weit entfernte Sonnen kreisen, hat man mittlerweile über 4000 gefunden, und es werden beständig mehr. Anzunehmen ist, dass es – wie eben auch Sterne – Milliarden von ihnen gibt. Aber sie leuchten ja nicht selbst und sind daher nur schwer zu entdecken – und mögliche Atmosphären noch schwerer zu vermessen. Inge Thiering verdeutlichte an einem mitgebrachten Globus: Wenn er unsere Erde wäre, würde die Atmosphäre nur so dünn sein wie die Folie auf der Oberfläche des Globus. Dies sollte uns bewusst sein, wenn wir über Klimaprobleme sprächen. Zudem setzte sich Thiering auch für die Wissenschaft ein, die doch erhebliche Erkenntnisse für die Menschen bringe. Zwar koste ein einziger Flug mit SOFIA rund 75.000 Euro. Genauso teuer sei jedoch jeder Militärflug, von dem allein in den USA täglich rund 1000 stattfänden…


Nach einer ausgiebigen Pause für anregende Diskussionen machte Dr. Peter Klehr, einer der zwei Inhaber einer Gemeinschaftspraxis für Orthopädie und Unfallchirurgie in Meckesheim – und in Gaiberg bekannt als Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr, die Zuhörer mit der Komplexität von Rückenproblemen vertraut. Das Hauptproblem: Gelegentlich ließe sich überhaupt keine Ursache ermitteln. 


Er stellte einen Stufenplan von diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen vor, die bei anhaltenden Schmerzen zu treffen seien, wenn diese rund 6 Wochen, 12 Wochen oder sogar eine noch längere Zeit anhielten. Im schlimmsten Falle müsse man sogar zu starken Schmerzmitteln greifen, um das Schmerzgeschehen überhaupt erst einmal zu durchbrechen. Man solle Maßnahmen jedoch nicht voreilig treffen. So sei Bewegung – ein gemäßigter Spaziergang etwa – zwar wichtig, Physiotherapie (Krankengymnastik) jedoch nicht unbedingt als erster Schritt sinnvoll, sondern dann, wenn eine erste Maßnahme zur Reduktion der Schmerzen gegriffen hätte. 


Unbekannt für viele Zuhörer war sicherlich, in welch hohem Maße die Psyche Einfluss auf den Rücken haben kann. Klehr führte aus, dass nicht nur schwere, eintönige Arbeit, langes Sitzen am Computer zu Problemen führen können, sondern auch das Gefühl der Überforderung oder auch emotional berührende Auseinandersetzungen mit Kollegen oder Vorgesetzten. 


Wenn Ursachen bei Rückenproblemen jedoch bekannt seien, dann solle man handeln, aber auch mit Augenmaß. Bei Bandscheibenvorfällen beispielsweise könne Physiotherapie das beste Mittel der Wahl sein. Nur in schweren Fällen rät der Arzt zur Operation; dann würde sie aber sehr hilfreich sein können. Trotzdem brachte Klehr eine Zahl zur Mahnung sinnvollen Vorgehens mit auf den Weg: Von an Bandscheiben operierten Patienten fühlten sich rund ein Drittel nach der OP deutlich besser – aber ein Drittel spüre kaum eine Verbesserung, und ein Drittel sogar eine Verschlechterung. Schließlich legte Peter Klehr den Zuhörern noch nahe, als Frau nach den Wechseljahren bzw. als Mann ab ca. 50 Jahren mal die Knochendichte röntgentechnisch prüfen zu lassen, als Test auf eine möglicherweise entstehende Osteoporose. Dieser altersbedingte Abbau von Knochensubstanz tue nicht weh – bis dann mal ein Knochen bricht. Vor Osteoporose schütze die Aufnahme von Calcium über Milchprodukte oder als Nahrungsergänzungsmittel sowie die ausreichende Zufuhr von Vitamin D. Dieses Vitamin entsteht bekanntermaßen unter Sonneneinstrahlung. Mangel tritt auf, wenn man sich ständig in Innenbereichen aufhalte – oder auch bei aus religiösen Gründen verhüllten Frauen. Es sei doch bemerkenswert, dass in Deutschland nur 20 Prozent der diagnostizierten Osteoporose-Patienten eine geeignete Behandlung durchführten, die ja doch recht leicht einzurichten sei.

Rolf Kickuth

Dr. Inge Thiering machte bei ihrem Stratosphärenflug-Vortrag anhand eines Globus mit anzunehmender hauchdünner Atmosphäre auf die Verletzlichkeit unseres Planeten aufmerksam. Anschließend klärte Dr. Peter Klehr u. a. darüber auf, dass man sich ab einem Alter von 50 Jahren über seine Knochendichte informieren sollte, um ggf. Osteoporose vorzubeugen (Fotos: Kickuth).